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Mit fremden Menschen kuscheln?

Ja, mit Fremden kuscheln? Geht das eigentlich? Für manche Menschen unvorstellbar, für Andere schon normal. Aber warum ist das eigentlich so? Im Folgenden zähle ich mögliche Ursachen auf.

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1. Schutzmechanismus

Wir wollen uns schützen. Nähe macht verletzlich.
Wenn wir jemandem erlauben, uns nah zu kommen – körperlich oder emotional – geben wir Kontrolle auf und riskieren, verletzt zu werden. Abstand ist eine Art Schutzschild. Viele Menschen haben Erfahrungen gemacht, in denen Nähe mit Schmerz, Enttäuschung oder Ablehnung verbunden war. Aus Angst, das erneut zu erleben, ziehen sie lieber eine unsichtbare Grenze.

2. Soziale Prägung

„Fass niemanden an, den du nicht kennst.“
Schon in der Kindheit lernen wir, vorsichtig mit Fremden zu sein. Das ist in vielerlei Hinsicht sinnvoll – es schützt uns vor realen Gefahren. Aber diese Vorsicht kann sich auch in übermäßige Distanz verwandeln, besonders in Kulturen, in denen Körperkontakt oder Emotionalität nicht stark betont oder sogar tabuisiert werden.

3. Vertrauen braucht Zeit

Nähe entsteht oft nicht spontan, sondern wächst langsam.
Wir halten Menschen auf Distanz, bis wir sicher sind, dass sie uns wohlgesonnen sind – dass wir ihnen vertrauen können. Gerade in einer schnelllebigen Welt, in der Beziehungen oft oberflächlich bleiben, fehlt oft die Zeit oder der Raum, Vertrauen wirklich aufzubauen.

4. Angst vor dem Unbekannten

Fremde sind eine „Black Box“.
Wir wissen nicht, was sie denken, wie sie fühlen oder was sie erwarten. Diese Ungewissheit löst Unsicherheit aus. Nähe fühlt sich dann wie ein Sprung ins kalte Wasser an – manche Menschen wagen ihn, andere bleiben lieber am Ufer.

5. Individuelle Grenzen und Bedürfnisse

Nicht jeder Mensch braucht oder will gleich viel Nähe.
Manche sind sehr körperlich, andere eher distanziert – das hängt von Persönlichkeit, Erziehung, Erfahrung und auch vom kulturellen Hintergrund ab. Es ist wichtig, diese Unterschiede zu respektieren.

6. Gesellschaftlicher Individualismus

In vielen westlichen Gesellschaften wird Unabhängigkeit idealisiert.
Sich „allein durchzuschlagen“ gilt oft als Stärke, während Bedürftigkeit oder das Zeigen von Verletzlichkeit mit Schwäche assoziiert werden. Nähe bedeutet aber, sich einzugestehen, dass man nicht immer allein sein möchte – und das fällt vielen schwer.

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Zusammengefasst:


Wir halten Abstand, weil Nähe Intimität bedeutet – und Intimität erfordert Mut. Den Mut, sich zu zeigen, ehrlich zu sein, sich verletzlich zu machen. Aber genau darin liegt auch die Chance: Wenn wir Nähe zulassen, können echte Begegnungen entstehen – menschlich, tief und heilend.

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